Im Rahmen unserer Teekulturreihe reisen wir heute von Ostfriesland nach Großbritannien – zu einer weiteren geradezu teesüchtigen Nation. Großbritannien steht laut der Studie des Teeverbandes mit 213 Liter pro Kopf an 6. Stelle der Teetrinker-Hitliste. Teetrinken gehört zum britischen Leben wie der schwarzer Humor und das unbeständige Wetter. Wie der Tee so eine große Bedeutung in der Teekultur in Großbritannien erlangen konnte und wie die Briten ihn am liebsten genießen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Wie der Tee nach Großbritannien kam

Der Tee wurde erstmals im Jahr 1657 nach Großbritannien importiert und ebenso wie in Ostfriesland waren die Teeblätter und deren Zubereitung den Briten völlig unbekannt. Man erzählt sich, dass die Witwe des Herzogs von Monmouth Verwandten in Schottland ein Päckchen mit erlesenem Tee schenkte . Das Päckchen wurde unversehens der Köchin übergeben, die allerdings mit dem fremden Kraut nichts anfangen konnte. Schließlich brühte sie die Blätter auf, schüttete das Wasser weg und servierte den Tee als Spinat.

Königlicher Teegenuss im 17. Jahrhundert

Dass der Tee in Großbritannien letztendlich Fuß fassen konnte und zu einem Nationalgetränk aufstieg, verdankte er zwei Königinnen. Die erste war Catharine von Braganza. Sie stammte aus Portugal und heiratete im Jahr 1662 König Charles II. Als leidenschaftliche Teetrinkerin führte sie an ihrem Hof den Nachmittagstee ein, den so genannten Afternoon Tea. Diesen Brauch übernahmen schließlich ihre Untertanen. Dennoch musste sich der Tee in dieser Zeit ähnlich wie Deutschland gegen viele Vorurteile durchsetzen. Einflussreiche Bürger verdammten ihn, bezeichneten ihn als Grundübel aller Zeiten, bezichtigten ihn als Verführer zum Werteverfall und Zerstörer der Nationen. Andere wiederum forderten ein Gesetz, dass Tee nur der höhergestellten Gesellschaft vorbehalten bleiben soll. Hinzu kam eine sehr hohe Importsteuer, die aus dem Tee ein Luxusgut werden ließ. Daher ermöglichte erst eine Steuersenkung um 1783, dass auch die Ärmeren in den regelmäßigen Genuss von Tee kommen konnten.

Britischer Teeanbau

Zeitgleich begannen die Briten auch in ihren eigenen Kolonien Tee anzubauen, um den Import aus China abzubauen. Selbst heute noch trinkt man in Großbritannien lieber den starken, aber minderen Tee aus ihren ehemaligen Kolonien Ceylon (dem heutigen Sri Lanka) und Assam (Indien) anstatt aus China oder Japan.

Queen Victoria macht Teetrinken zum Kulturgut

Trotz der genannten Schwierigkeiten breitete sich das Teetrinken über alle gesellschaftliche Schichten aus und wurde letztendlich dank Königin Victoria (Regierungszeit 1830 bis 1901) zu einem Stück Lebensphilosophie in Großbritannien.

Königin Victoria durfte in ihrer Kindheit weder Tee trinken noch die Times lesen, da ihre Gouvernante diese neuzeitlichen Angewohnheiten besonders verwerflich fand. Direkt nach ihrer Krönung befahl sie, dass man ihr die neuste Ausgabe der Times und dazu eine Tasse Tee bringe. Dabei soll sie gesagt haben: „Ich weiß jetzt, dass ich tatsächlich regiere.“ Die Königin unterstützte während ihrer Amtszeit die Tea Moralities. Bei diesen wurde die ärmste Gesellschaftsschicht (Arbeits- und Obdachlose sowie Prostituierte) von Wohltätigkeitsvereinen rund um eine Tasse Tee versammelt. Ziel dieser Vereine war es, dem vom Alkohol geschädigtem Milieu einen Anreiz zu geben, Tee statt Gin zu trinken.

In der victorianischen Epoche verankerte sich auch der berühmte Five o’clock Tea im britischen Tagesrhythmus. Da das Mittagessen zu der Zeit immer mehr an Bedeutung gewann, verschoben sich die Stunden zum Abendessen von fünf bis sieben Uhr auf sechs bis acht Uhr. Da aber nun am späten Nachmittag der kleine Hunger auftrat, wurde aus dem Afternoon Tea eine feste Mahlzeit – der Five o’clock Tea. Neben dem Tee wurden nun kleine Leckerbissen wie Sandwiches oder Kuchen serviert. Das Teetrinken hatte somit auch die britische Lebensweise verändert, da der Tagesablauf zusätzlich vom Rhythmus der Teatime bestimmt wurde.

Wie wichtig das Teetrinken für die Briten war, zeigte sich auch im 2. Weltkrieg. Ein Zitat von Churchill 1942 lautet: „ Für unsere Soldaten ist Tee wichtiger als Munition!“ Der Tee galt für die Briten als eine Art Geheimwaffe, die ihrer Moral stärkte und ihre Freiheit symbolisierte.

Wie die Briten ihren Tee trinken

Im 18. Jahrhundert legte der größte Teetrinker aller Zeiten fest, wie die Engländer fortan ihren Tee zu trinken hätten. Dr. Samuel Johnson war Lexikograph, der sein großes Wörterbuch der englischen Sprache komplett ohne Hilfe und vermutlich dank der anregenden Wirkung des Tees erstellte. Laut Johnson soll der Tee in Großbritannien vor allem schwarz und stark getrunken werden. Um das Bittere des Tannins abzuschwächen, rät er, Milch und kleine Zuckerstücke dem Tee hinzuzufügen. Allerdings scheiden sich bei diesem Schritt die Geister. Die eine Seite bevorzugt es, wenn die Milch bereits in der Tasse ist, bevor der Tee eingeschenkt wird. Die andere Seite tröpfelt, nach dem der Tee in die Tasse gegeben wurde, etwas Milch hinzu.

Kennzeichen Englischer Teetradition

Das wichtigste Kennzeichen der englischen Teetradition ist, wie bereits oben beschrieben, dass sich hinter dem Wort Tea nicht nur das Getränk, sondern eine ganze Mahlzeit verbirgt. Mit einem Blick auf die ganzen Teatimes, merkt man schnell, dass es sich um eine wahre Teekultur in Großbritannien handelt: Zum berühmten Five o’clock Tea werden traditionell Sandwiches mit Kresse, Gurken-, Tomaten- oder Eierscheiben belegt,  Shortbread (Sandgebäck), Scones (süße oder salzige Teebrötchen), Konfitüre (bevorzugt Erdbeere) und Teekuchen gereicht. Neben dem Five o’clock Tea gibt es noch den Early Morning Tea, der vor dem Aufstehen im Bett getrunken wird, den Breakfast Tea während des Frühstücks und den High Tea zum Abendessen. Hierbei werden zum kräftigen Tee kalter Braten, Rührei mit und ohne Schinken, Salate, Obst und Kuchen auf den Tisch gestellt.

Teezubereitung nach Englischer Teetradition

Die Teezubereitung nach Englischer Teetradition verläuft ähnlich wie nach ostfriesischer Tradition:

  1. Man erhitzt das Wasser in einem Wasserkessel. Gleichzeitig erwärmt man eine große Teekanne, indem man sie 2cm hoch in sehr heißes Wasser stellt. Wenn der Boden so heiß ist, dass man ihn kaum anfassen kann, hat die Kanne die richtige Temperatur erreicht. Die Teekanne wird übrigens im Wasserbad erwärmt, damit ihr Inneres nicht nass wird und die Teeblätter somit nicht vor dem Aufguss befeuchtet werden.
  2. Eine weitere Parallele zu der ostfriesischen Zubereitung ist die Dosierung. Für jeden Teetrinker kommt ein sogenanter Caddies Spoon (ein kleiner zierlicher Meßlöffel) in die Kanne und zum Schluss noch einer für die Kanne.
  3. Das kochende Wasser wird über die Teeblätter gegossen. Es wird ein Mal vorsichtig umgerührt und schließlich zieht der Tee bei geschlossenem Deckel 5min lang.
  4. Der Tee wird in Tassen oder Henkelbechern, aber niemals in Gläsern serviert! Apropos Henkel: Die Idee mit dem Henkel an der Tasse setzte sich erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts durch und wurde von den Bierkrügen und Henkelgläsern für Glühwein abgeschaut. Aus Henkelbechern trinkt vor allem die untere Gesellschaftsschicht.
  5. Nach Belieben wird ein wenig Milch auf die bevorzugte Art und Weise (siehe oben) dem Tee hinzugefügt.
  6. Abschließend wird der Tee eventuell mit etwas Zucker gesüßt.

Regeln der Englischen Teetradition

Neben der Zubereitung gibt es noch weitere feste Regeln für den Five o’clock Tea. Man sollte sich elegant, aber bequem kleiden. Im 19 Jahrhundert gab es aus diesem Grund spezielle Tea Gowns – leichte, weite und schlichte Roben. Auf dem Tisch liegt stets eine prächtige Tischdecke und kostbares Teegeschirr wird gedeckt. Neben der Teekanne stehen noch ein Milchkännchen und eine Zuckerschale aus Silber oder Porzellan auf dem Tisch. Im Idealfall trinkt man den Tee aus Teetassen, die auf passenden Untertassen stehen. Auf kleinen Tellern können dann die Leckerbissen gelegt und verzehrt werden. Die Teeblätter selber werden in luftdicht verschließbaren Teebüchsen (Tea Caddies) aufbewahrt.

Zukunft der Englischen Teetradition

Die hier beschriebenen festen Bräuche rund um den Tee sterben im modernen Großbritannien leider aus: Wechselnde Arbeitszeiten im Büro, neue Technologien, die Berufstätigkeit der Frauen und nicht zuletzt auch ein neues Diätbewusstsein sind Gründe, die den üppigen Five o’clock Tea nicht mehr ermöglichen. Auch die Tradition des High Tea findet man höchstens noch im Norden Englands oder in Schottland. Wenn man heute noch das vollständige Ritual des Five o’clock Tea in England erleben möchte, sollte man ein Teehaus oder ein Salon der Grandhotels aufsuchen. Trotz allem bleibt der Afternoon Tea in seiner für die moderne Zeit sinnvoll vereinfachte Form für die meisten Briten ein besonderer und unverzichtbarer Moment.

Falls Sie nun selbst Lust bekommen haben, in Ihrem stressigen Alltag mal eine Five o’clock Tea-Pause einzulegen, kann ich Ihnen das Buch „Tea Time. Londons feinste Adressen und Rezepte“ von Jean Cazals empfehlen. Darin findet man Rezepte für Teekuchen, Scones oder Shortbread.

Quelle
Cazals, Jean: Tea Time. Londons feinste Adressen und Rezepte. Bielefeld 2013.
Dahlem, Pia / Freiburg, Gaby: Das große Buch vom Tee. Teesorten. Anbaugebiete. Mischungen. Herstellung. Heilkräfte. Hamburg 2000.
Alain, Stella: Das Buch vom Tee / Mit einem Vorw. von Anthony Burgess. München 2001.
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